Die traditionsreiche Südtiroler Küche
Ich habe diesen Herbst zum wiederholten Male das schöne Südtirol bereist.
Die Geschichte und meine Eindrücke hierzu möchte ich gerne mit Euch teilen.
Südtirol war sehr lange sehr arm. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebiet von Österreich an Italien abgetreten. Die Region war lange Zeit isoliert und hatte nur begrenzten Zugang zu Märkten und Ressourcen. Die gebirgige Landschaft machte Landwirtschaft schwierig. Heute hingegen ist Südtirol eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen Italiens.
Trotzdem ist die Küche noch heute geprägt von der Geschichte – eher ärmlich und viele Gerichte aufgekommen durch die Vermeidung von Verschwendung von Lebensmitteln und die Verwertung von Resten.
Entstanden sind köstliche, bodenständige Gerichte, die durch ihre Einfachheit bestechten: Polenta, Knödel, Gulasch, uvm.
Bekannt ist Südtirol heute für seinen Apfelanbau und Export in die ganze Welt. Bereits vor mehreren hundert Jahren begannen die Bauern dort Apfelbäume zur Selbstversorgung zu pflanzen. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich der Apfelanbau zu einer wichtigen Einnahmequelle für die gesamte Region.
Ebenfalls eine lange Tradition hat der Kastanienanbau in Südtirol. Diese Kastanien sind nicht nur kulinarisch wertvoll, sondern auch für die lokale Kultur und Wirtschaft von großer Bedeutung.
Genossen werden sie unter anderem schlicht geröstet mit Salz, als Suppe, Brot oder auch zum Kuchen backen – sogar als Kaffee-Ersatz. Kastanien sind so nahrhaft, dass sie die Basis für ein Grundnahrungsmittel liefern. Deshalb hatte eigentlich jeder Hof mindestens einen Kastanienbaum, um die Familie durch die harten Winter zu bringen. Ließen sich die Früchte wunderbar lagern, trocknen oder zu Mehl verarbeiten.
Sie sind reich an Kohlenhydraten und enthalten Ballaststoffe, die gut für die Verdauung sind. Sie liefern langanhaltende Energie und sind fettarm, was sie ideal für eine gesunde Ernährung macht. Außerdem enthalten sie Vitamin C, B-Vitamine und wichtige Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium, die unter anderem zur Herzgesundheit beitragen. By the way: Kastanien sind glutenfrei und somit eine tolle Alternative für Menschen mit Zöliakie.
Die Südtiroler Küche bietet eine faszinierende Mischung aus alpiner Tradition und mediterraner Leichtigkeit, welche bekanntlich einen gesunden Lebensstil fördert. Diese besondere Kombination ist das Resultat einer jahrhundertelangen Verschmelzung verschiedener Kulturen und kulinarischer Einflüsse.
Die Verwendung von sehr hochwertigen, frischen, regionalen und saisonalen Zutaten ist in der Südtiroler Küche selbstverständlich. Besonders hervorzuheben sind die Obstsorten die hier gedeihen: Äpfel, Birnen, Trauben. Letztere finden auch im Wein ihre Verwendung. Südtirols Weine (Lagrein, Gewürztraminer, Vernatsch, Blauburgunder…) sind bekannt für ihre hohe Qualität und Vielfalt, und viele von ihnen haben internationale Anerkennung gefunden.
Ein weiterer gesundheitsfördernder Aspekt ist die weitgehende Verwendung von Vollkornprodukten: Brot, Nudeln und andere Getreideprodukte werden häufig aus Vollkornmehl hergestellt. Dies ist besonders wichtig für eine ausgewogene Ernährung und fördert eine gesunde Verdauung.
Eine besondere Erwähnung verdient das bekannte „Schüttelbrot“. Es hat eine sehr lange Haltbarkeit, wird traditionell mit Roggenmehl, Gewürzen wie Fenchel und Kümmel und Wasser hergestellt und traditionell zu Speck und Käse serviert. Woher der Name? Der Teig wird „geschüttelt“ und nicht geknetet!
Fisch und Fleisch werden in der Südtiroler Küche bewusst und maßvoll eingesetzt. Besonders beliebt sind Forelle und Saibling aus den klaren Berggewässern: eine hervorragende Quelle für Omega-3-Fettsäuren. Fleischgerichte basieren häufig auf traditionellen Rezepten und nutzen regionale Spezialitäten wie Wild und Rindfleisch. Nicht fehlen darf bei dieser Auflistung der Südtiroler Speck. Er wurde ursprünglich entwickelt, um das Fleisch haltbar zu machen. Die hohe Qualität des Fleisches und der moderate Konsum gehören zur Traditon einer typischen Marende (Brotzeit).
Ein weiteres Merkmal, das die ursprüngliche Südtiroler Küche so gesund macht, ist der weitestgehende Verzicht auf industriell verarbeitete Lebensmittel. Die Gerichte sind in der Regel einfach und ehrlich, wobei der natürliche Geschmack der Zutaten im Vordergrund steht (wir nennen dies heute „clean eating“). Hausgemachte Rezepte und traditionelle Kochmethoden tragen dazu bei, dass die Nährstoffe in den Lebensmitteln erhalten bleiben.
Neben all diesen genannten Vorzügen spielt noch etwas Entscheidendes für ein gesundes, langes Leben mit rein: Geselligkeit! Sie spielt in Südtirol eine große Rolle und ist tief in der Kultur verankert. Besonders im Herbst ist das Törggelen (ähnlich dem Besen in Süddeutschland) ein fester Bestandteil des geselligen Lebens. Dabei treffen sich Freunde, Nachbarn und heute natürlich auch Touristen in gemütlichen Gasthäusern oder eigens eingerichteten Räumlichkeiten auf den Höfen, um den neuen Wein und die typischen Südtiroler Gerichte zu genießen. Diese Tradition stammt aus dem Mittelalter und hat sich zu einem festen Bestandteil der Herbstsaison entwickelt.
Ich war in diesem Jahr dabei und kann es nur empfehlen 😉